Wer kennt ihn nicht? Den Spruch aller Sprüche, den jeder schon einmal gehört hat: Hast Du Deinen Friseur verklagt? Doch ganz so weit hergeholt, scheint der Spruch gar nicht zu sein. Ein Richter des Amtsgericht München hatte nun zu entscheiden, wann jemand wirklich Schadenersatz von seinem Frisör verlangen kann (Urteil d. AG München vom 7.10.11, Az. 173 C 15875/11).
Im Sommer 2010 hatte sich die Klägerin im Salon der Beklagten die Haare schneiden lassen. Einmal färben und schneiden sollte es sein. Aber bitte nur wenig herumschnipseln, keine Haarspalterei - lediglich ein halber Zentimeter sollte es sein.
Die Klägerin schaute der Friseurin munter beim Schneiden zu. Einzuwenden hatte sie zunächst nichts. Nicht einmal föhnen lassen wollte sie sich das Haar.
Zwei Tage später kam allerdings Unmut hoch. Zum Haare raufen. Die Haare seien zu kurz. Durch ihr dünnes Haar seien überall "Löcher" zu erkennen. Jedermann könne die Kopfhaut sehen. Die Friseurin soll Schmerzensgeld bezahlen.
Weil die Frisörin freiwillig nicht bezahlen wollte, nur weil die Kundin plötzlich Haare auf den Zähnen hatte, zog die unzufriedene Kundin vor Gericht. Der zuständige Richter beim Amtsgericht München wies die Klage allerdings ab - um Haaresbreite sozusagen.
Schmerzensgeldansprüche nach einem Friseurbesuch kämen in Betracht, wenn infolge der Haarbehandlung dauerhafte Schäden am Haar oder der Kopfhaut verursacht wurden. Dies liege hier nicht vor. Die bloße Missachtung eines persönlichen Wunsches einer Kundin, selbst wenn diese mit Verärgerung oder Enttäuschung verbunden sei, genüge für einen Schmerzensgeldanspruch nicht.
Dieser komme allenfalls noch in Betracht, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kundin so beeinträchtigt sei, dass sie durch einen völlig misslungenen Haarschnitt quasi „entstellt“ sei. Dafür sei aber vorliegend ebenfalls nichts ersichtlich.
Das Gericht habe sich durch Inaugenscheinnahme der Kopfhaut der Klägerin ein Bild davon verschaffen können, dass deren Kopfhaut aus jedem Blickwinkel durchscheine und deutlich sichtbar sei. Dieses Durchscheinen resultiere daher aus dem individuellen Haarzustand der Klägerin und nicht aus dem Haarschnitt der Beklagten. Dass die Kopfhaut nach einem Besuch beim Friseur dann noch stärker zu sehen sei, liege in der Natur der Sache. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kundin sei darin nicht zu sehen.
Darüber hinaus habe die Klägerin den gesamten Schneidevorgang auch beobachtet. Da sie keinerlei Einwände vorgebracht habe, habe die Beklagte annehmen müssen, dass die vorgenommene Kürzung sich im Rahmen des Wunsches der Klägerin bewegte. Auf Grund dieses Mitverschuldens der Kundin käme ein Schmerzesgeldanspruch ebenfalls nicht in Betracht.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Klägerin wird wohl kein gutes Haar mehr an der Friseurin lassen.