- Notbestellung eines Vorstandes; Verbindlichkeit von Entscheidungen eines vereinsinternen Gerichts
Brandenburgisches OLG, Urt. v. 8.6.2023, Az. 7 W 67/23 (vorhergehend: AG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 9.5.2023, Az. VR 294) (rechtskräftig)
Erforderliche Mitglieder des Vorstandes fehlen auch dann im Sinne des § 29 BGB, wenn sie aus rechtlichen Gründen gehindert sind, ihren Amtspflichten nachzukommen. Ein Verbot der Amtsausübung löst die Pflicht zur Notbestellung aus, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder betroffen sind und ein dringender Fall zur Behebung der Führungslosigkeit gegeben ist.
Die Verbindlichkeit der Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts über die Frage, wer zum Vorstand des Vereins bestellt ist, wirkt auch gegenüber dem Registergericht, wenn es für seine Amtshandlungen auf diese Frage ankommt (§§ 67 I, 29 BGB). Das Registergericht hat bei den Eintragungen in das Vereinsregister und ebenso bei allen anderen Entscheidungen, zu denen es berufen ist, die Ergebnisse der vereinsinternen Willensbildung hinzunehmen.
Anmerkung (Dr. Thomas Himmer):
Die Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts ist nach der Auffassung des Gerichts nur dann im Registerverfahren unbeachtlich, wenn die Entscheidung offensichtlich rechtsfeindlich erlassen wurde, d.h. wenn hinsichtlich der Entscheidung in der vereinsinternen Kompetenzordnung kein Anhaltspunkt zu finden ist.
2. Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses über Geschäftsführerabberufung
OLG Celle, Beschl. v. 4.4.2023, Az. 9 U 102/22 (vorhergehend LG Hannover, Urt. v. 11.10.2022, Az. 32 O 119/22) (rechtskräftig)
Der Verein ist zwar Alleingesellschafter der beklagten GmbH. Die Abberufung des Gesellschafters hätte nach deren Satzung aber nur durch ihren Aufsichtsrat erfolgen dürfen. Erschwerend kam hinzu, dass der Verein durch die Abberufung des Geschäftsführers gegen die Stimmrechtsbindung verstoßen hatte, die er sich in dem „Hannover-96-Vertrag“ auferlegt hatte. Da die GmbH mit dem Verein nur einen einzigen Gesellschafter hat, führen diese Verstöße zur Nichtigkeit des Beschlusses, weil die eingegangenen Verpflichtungen sonst nicht durchgesetzt werden könnten. (Amtliche Pressemitteilung)
3. EuGH-Vorlage über die Rechtmäßigkeit des FIFA-Spielervermittlerregimes
LG Mainz (9. Zivilkammer), Beschluss vom 30.03.2023 – 9 O 129/21
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Unionsrechts gem. Artikel 267 Abs. 1 b, 2 AEUV folgende Frage vorgelegt:
Sind Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (Kartellverbot), Artikel 102 AEUV (Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung) und Artikel 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) sowie Artikel 6 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) so auszulegen, dass sie einer Regelung entgegenstehen, die ein Sport-Weltverband (hier: die FIFA) erlässt, dessen Regelungen für den Großteil der in den jeweiligen nationalen Profiligen der betreffenden Sportart tätigen Akteure verbindlich sind, und die folgenden Inhalt hat: Kappungsgrenzen für die an Spielervermittler zahlbaren Entgelte, Begleitregeln zu den Zahlungsmodalitäten sowie zu weiteren Vertragselementen, die Pflicht zur Nutzung einer FIFA-Clearingstelle, über die zukünftig alle Zahlungen an Spielervermittler abgewickelt werden müssen, Einschränkungen der Vertretungsmöglichkeiten von Fußballvereinen und Fußballspielern durch Spieler-vermittler und schließlich die Unterwerfung der Spielervermittler unter die verschiedenen Verbandsstatuten und Reglements vor. (Leitsatz des Verfassers)
Anmerkung (Prof. Dr. Ralf Kitzberger LL.M.):
Die Beklagte ist die FIFA. Die FIFA hat am 16. Dezember 2022 die Football Agent Regulations (FFAR) verabschiedet und diese im Januar 2023 veröffentlicht. Es handelt sich dabei um eine Neuregelung der Rahmenbedingungen, innerhalb derer Spielervermittler gegenüber Spielern und Vereinen Spielervermittlungsdienstleistungen anbieten, erbringen und vergütet bekommen dürfen. Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hängt nach Auffassung des Landgerichts Mainz davon ab, ob Art. 101, 102 und 56 AEUV sowie Art. 6 DSGVO den streitgegenständlichen in der Vorlagefrage genannten Regelungen entgegenstehen. Eine ausführliche Besprechung erfolgt durch mich demnächst in der GRUR-Prax.
4. Legal Update zum Recht am eigenen Bild
Anmerkung (Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.):
Die Vermarktung von Sportlern erfährt durch die sozialen Medien eine neue Dimension. Umso wichtiger ist für alle Beteiligten, dass durch die Vermarktung die Rechte der Sportler nicht verletzt werden. In der aktuellen Ausgabe der SpuRt (2023, 369) wird daher von mir die Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild, Namensrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Sportlern sowie in diesem Zusammenhang wichtige datenschutzrechtliche Aspekte dargestellt und zusammengefasst.
In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, Beschl. vom 29.11.2022 – 16 W 52/22, SpuRt 2023, 136 = GRUR-Prax 2022, 35477) in dem Bereich des Sports ging es u. a. um die Frage, ob die Einwilligung eines Berufsfußballspielers, im Rahmen des mit einem englischen Fußballverein geschlossenen Vertrages, sein Bildnis unter anderem auf Fußball-Tausch- und Sammelkarten zu veröffentlichen auch die Verbreitung seiner Bilder als Nationalspieler mitumfasst. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt wurde von mir zum Anlass genommen, die Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild, Namensrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Sportlern sowie in diesem Zusammenhang wichtige datenschutzrechtliche Aspekte darzustellen und zusammenzufassen. Bereits in der SpuRt 2009, 228 hatte ich die damalige rechtliche Situation dargestellt. Diese wird durch den neuen Beitrag nun aktualisiert.