28. Juni 2023

Rechtsprechungsnews aus der Welt des Sport- und Entertainmentrechts 2023/II

Von: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

  1. Gehaltsansprüche einer Berufsfußballerin während der Schwangerschaft

FIFA-DCR, Urt. v. 19.5.2022, Az. REF FPSD-3626 (rechtskräftig)

Besteht zwischen einem Club und einer angestellten Berufsfußballerin eine Vereinbarung, dass sich die Fußballerin während ihrer Schwangerschaft bei ihrer Familie in der Heimat und nicht am Arbeitsort aufhält, greift die Fifa-Regelung nicht, wonach die schwangere Spielerin das Recht hat, während der Laufzeit ihres Vertrages weiterhin sportliche Leistungen für ihren Verein zu erbringen, da solche sportlichen Arbeitsleistungen einvernehmlich nicht erbracht werden können.

Der arbeitgebende Club ist jedoch verpflichtet, die Spielerin über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen einer solchen Vereinbarung zu informieren, insbesondere in Hinblick auf das Bestehen und die Höhe eines Entgeltanspruchs.

Anmerkung (Dr. Thomas Himmer):

Der französische Fußallklub Olympique Lyon muss als Folge dieses Urteils des Tribunals der FIFA der isländischen Nationalspielerin und ehemaligen Fußballerin des VFL Wolfsburg Sara Björk Gunnarsdóttir mehr als 80.000 Euro Lohn nachzahlen.

II.         Rechtmäßiger Ausschluss eines NPD-Mitgliedes aus Sportverein

BVerfG, Beschl. v. 2.2.2023, Az. 1 BvR 187/21 (vorhergehend Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 16.12.2020, Az. 9 U 238/19)

Nach der Satzung des Sportvereins kann gegen Mitglieder, die gegen deren Satzung verstoßen oder sich vereinsschädigend verhalten, nach vorheriger Anhörung der Ausschluss aus dem Verein durch den Vorstand verhängt werden. Ein unehrenhaftes Verhalten innerhalb oder außerhalb des Vereins liegt danach insbesondere vor, wenn ein Mitglied an extremistischen oder anderweitig diskriminierenden Veranstaltungen teilnimmt oder eine solche Gesinnung zum Beispiel durch das Tragen oder Zeigen von entsprechenden Kennzeichen und Symbolen zeigt oder Mitglied einer in der Satzung genannten oder vergleichbaren Organisation ist.

Der Verein bietet entsprechend nur solchen Personen die Mitgliedschaft an, die sich zu diesen Grundsätzen bekennen. Mitglieder von extremistischen Organisationen gleich welcher politischen Ausrichtung, sowie Mitglieder rassistisch und fremdenfeindlich organisierter Organisationen oder religiöser Gruppierungen, wie z.B. der NPD und ihre Landesverbände, können nicht Mitglied des Vereins werden.

Anmerkung (Dr. Thomas Himmer):

Das BVerfG urteilte bestätigend zu dem Schleswig-Holsteinischen OLG, das es mit Blick auf die in Art. 9 Abs. 2 GG wie auch in Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Wertung nicht zu beanstanden ist, wenn ein privater Amateur-Breitensportverein mit seiner Satzung ausdrücklich auf eine Orientierung an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zielt und extremistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen entgegentritt.

III.        Auslegung von Überschriften bei Online-Artikeln

LG Karlsruhe, Urteil vom 2.2.2023 – 22 O 24/22, GRUR-RS 2023, 1006 – Drogen-Partys

Die schlagwortartige Überschrift eines Artikels in einem Online-Presseerzeugnis vor einer Bezahlschranke, die in ihrem Sinngehalt offen ist, kann eine „ergänzende“ Auslegung im Sinne einer aus sich heraus aussagekräftigen Tatsachenbehauptung erlauben.

Bei einem Online-Boulevard-Presseerzeugnis kann der Sinndeutungsmaßstab des verständigen Durchschnittslesers (jedenfalls im Hinblick auf Überschriften und Anreißer-Texte) im Sinne eines eher flüchtigen Lesers ohne spezielle Kenntnisse konkretisiert werden. (Leitsätze des Gerichts)

Anmerkungen: Prof. Dr. Ralf Kitzberger LL.M.

Das Urteil gibt wichtige Hinweise zur Auslegung von Überschriften bei Online-Beiträgen. Maßgeblich für die Sinndeutung der Überschrift ist das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums und die Äußerung muss in dem sie betreffenden Kontext betrachtet werden (BVerfG BeckRS 2005, 30604 Rn. 30 – Stolpe; BGH GRUR 2017, 298 Rn. 12 mwN – „Mal PR-Agent, mal Reporter“ = GRUR-Prax 2017, 171 [Cichon]; BGH GRUR 2019, 1211 Rn. 12 – Hochzeitsfoto = GRUR-Prax 2019, 468 [Brexl]; stRspr BGH GRUR 2021, 1096 Rn. 11 – Redaktionsschwanz = GRUR-Prax 2021, 449 [Fricke]). Dabei ist auch der sogenannte Anreißer, also der der Überschrift folgende Kurz-text bei der Auslegung zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen ist die Langfassung des Artikels, soweit sie sich hinter der Bezahlschranke verbirgt (Stollwerck, Berliner Pressegesetz - Ein Praxisorientierter Streifzug, LKV 2017, 49, 53). Ist nach Auslegung eine die das Persön-lichkeitsrecht verletzende Deutung nicht fernliegend, ist bei der Abwägung der betroffenen Grundrechte der Beteiligten nach der Stolpe-Rechtsprechung (BVerfG NJW 2006, 207, 209) die den Kläger beeinträchtigende Sinn-deutung zugrunde zu legen und die Beklagte kann sich im Ergebnis nicht auf die Pressefreiheit berufen (Kitzberger GRUR-Prax 2023, 239)

IV.        Keine Panoramafreiheit für Drohnenaufnahmen

OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2023 - 4 U 247/21

Nach Auffassung des OLG Hamm sind mittels einer Drohne gefertigte Bildaufnahmen sind nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt.

Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestatte, gilt nach Auffassung des Gerichts nur für diejenigen Perspektiven, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehöre nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive ist daher von der Panoramafreiheit gedeckt.

Anmerkung: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

Der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden, dass beim Einsatz einer Leiter die Panoramafreiheit nicht gilt. Das Gericht hat zu Recht die Auffassung vertreten, dass beim Einsatz von Drohnen nichts anderes gelten kann.

Die Revision wurde zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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