10. Oktober 2014

Wann liegt eine zulässige Parodie eines urheberrechtlich geschützten Werkes vor?

Von: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den Begriff der Parodie präzisiert (Urteil v. 03.09.2014, Az: C-201/13). Die wesentlichen Merkmale einer Parodie bestünden demnach darin, an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen. Erforderlich sei weder, dass die Parodie einen eigenen ursprünglichen Charakter aufweise, noch dass sie vernünftigerweise einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeschrieben werden könne, oder dass sie das ursprüngliche Werk selbst betreffe oder gar angebe.

In dem von einem belgischen Gericht vorgelegten Fall hatte Johan Deckmyn, Mitglied einer flämischen Partei, auf dem Neujahrsempfang der Stadt Gent im Jahr 2011 Kalender verteilt, auf deren Vorderseite eine Zeichnung abgebildet war, die einer Zeichnung auf dem Deckblatt eines 1961 geschaffenen Comicheftes ähnelte. Während die Originalzeichung eine der Hauptfiguren dieses Hefts darstellte, die, mit einer weißen Tunika bekleidet, Münzen Personen zuwirft, welche versuchen, sie aufzusammeln, wurde diese Figur auf der Zeichnung auf den Kalendern durch den Bürgermeister der Stadt Gent ersetzt, und die die Münzen aufsammelnden Personen waren verschleiert und dunkler Hautfarbe. Die Inhaber der Rechte an der Comicreihe waren der Ansicht, dass diese Zeichnung ihre Urheberrechte verletze und erhoben Klage. Deckmyn berief sich hingegen darauf, dass seine Zeichnung eine Parodie darstelle, sodass eine für diese Art von Werken geschaffene Ausnahmeregel anzuwenden sei. Die Kläger sprachen der Zeichnung Deckmyns die Eigenschaft als Parodie ab und warfen ihr vor, eine diskriminierende Aussage zu vermitteln.

Der Gerichtshof stellte fest, dass die Ausnahmeregel (Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2011) nur nach Abwägung der Interessen und Rechte der Urheber und anderen Rechteinhaber und der Meinungsfreiheit der Person, die sich auf die Ausnahme berufen will, angewendet werden könne. Insbesondere könnten die Inhaber der Rechte an dem parodierten Werk ein berechtigtes Interesse daran haben, dass dieses nicht mit einer diskriminierenden Aussage in Verbindung gebracht werde.

Das vorlegende belgische Gericht hat nun zu prüfen, ob im konkreten Fall bei Anwendung der Ausnahme für Parodien der angemessene Interessenausgleich gewahrt werden kann.

 

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