18. Dezember 2011

Schmähkritik bei Sportereignissen

Von: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

Regelmäßig kommt es im Rahmen von Sportereignissen, insbesondere im Zusammenhang mit Fußballspielen zu ernsthaften kontroversen Diskussionen zwischen einzelnen Beteiligten. In diesem Zusammenhang stellt sich häufig die Frage, was ist rechtlich noch zulässig. Mit einem solchen Fall musste sich nunmehr das Landgericht München beschäftigen.
In dem vom Landgericht München (Az. 8 O 127/11) zu entscheidenden Fall machte der Kläger unter anderem Anspruch auf Zahlung einer immateriellen Geldentschädigung geltend, da er sich vom Beklagten mit einer öffentlichen Schmähkritik überzogen sah. Der Kläger ist ein ehemaliger Profifußballer und war über Jahre Torwart der Deutschen Fußballnationalmannschaft. Der Beklagte ist Torwart einer Fußballbundesligamannschaft und gehört dem aktuellen Kader der Deutschen Fußballnationalmannschaft an.
Am 14.09.2010 fand unter Mitwirkung des Beklagten ein Champions-League-Spiel statt. Die gegnerische Mannschaft erreichte den Führungstreffer, nach dem ein Abwehrspieler eine scharfe Flanke eines Gegenspielers ins eigene Tor lenkte. Der Beklagte deckte bei dieser Spielsituation die kurze Torwartecke ab. Der Kläger war bei dem genannten Spiel als Fußballexperte tätig. Auf die konkrete Spielszene angesprochen führte der Kläger im Fernsehen folgendes aus:
"Wenn er einen Schritt rausgeht, kann er den Ball abfangen. Er hätte sich nicht an den Pfosten klammern, sondern mutiger spielen sollen. Er kann es auf jeden Fall besser machen. "
Als der Beklagte einen Tag später auf dem Trainingsplatz von einem Reporter auf diese Stellungnahme angesprochen wurde, entgegnete er:
"Der soll in die Muppets-Show gehen. Der Mann gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen - am besten in die Geschlossene! Was soll ich da bitte machen? Gehe ich ein Stück in die Mitte, geht der Ball in die kurze Ecke rein. Ich weiß nicht warum über so ein Tor diskutiert wird. Schwachsinn! "
In dem Verfahren vor dem Landgericht München begehrte der Kläger die Zahlung einer immateriellen Geldentschädigung in Höhe von mindestens 20.000 € für die Äußerung des Beklagten "Der gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen - am besten in die Geschlossene! "
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht stellte fest, dass es sich bei der Äußerung des Beklagten um ein Werturteil handelt, die nach ihrer Diktion objektiv geeignet ist, den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Das Landgericht hat jedoch einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verneint. Als Beitrag im öffentlichen Meinungskampf sind nach Auffassung des Landgerichts die Äußerungen des Beklagten durch Art. 5 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kann hier keinen Vorrang gegenüber der Meinungsfreiheit beanspruchen. Die Schadensersatzansprüche waren daher nach Auffassung des Landgerichts nicht begründet. Das Gericht führte dabei auch aus, dass im Sportbereich wechselseitige Kritik an der fachlichen und charakterlichen Eignung beinahe notwendig nicht ausbleibt. Mit derartigen Angriffen müssen sich die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Verantwortungsträger des Sports abfinden. Dabei handelt es sich im Regelfall nicht um erheblich ins Gewicht fallende Beeinträchtigungen, die einen Ausgleich durch eine Geldentschädigung gebieten.
Bildnachweis: Thorsten Bogdenand/pixelio.de

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