23. Dezember 2022

Rechtsprechungsnews aus der Welt des Sport- und Entertainmentrechts 2022/IV

Von: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

I. Unfall bei betriebsinternem Fußballturnier kein Arbeitsunfall

BSG, Urt. v. 28.06.2022, Az. B 2 U 8/20 R (rechtskräftig)

1.

Bei betrieblich organisierten Veranstaltungen muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein Unfall ein Arbeitsunfall darstellt. Ein Arbeitsunfall kann nur angenommen werden, wenn der Unfall im Zusammenhang mit einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung oder einer Betriebssportveranstaltung stattfindet.

2.

Vorliegend waren nur fußballinteressierte Mitarbeiter über einen Aushang angesprochen, sodass keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorlag. Die Annahme eines versicherten Betriebssports scheiterte, da das Turnier lediglich einmal im Jahr stattfand und demnach nicht der für den Betriebssport typische Ausgleichszweck erfüllt war.

Anmerkung (Dr. Thomas Himmer):

Bei der Annahme eines Arbeitsunfalls tritt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Deren Leistungen gehen oftmals über die Leistungen der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung des Sportlers hinaus. Zudem kann das Übergangsgeld der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich zu dem zu zahlenden Krankengeld der Krankenversicherung erhöht sein.

II. Zahlungen der Sportförderung können Gewerbeeinnahmen eines Sportlers sein

BGH, Urt. v. 15.12.2021, Az. X R 19/19 (rechtskräftig)

1.
Steht eine – an sich nicht steuerbare – sportliche Betätigung mit ihrer gewerblichen Vermarktung im Rahmen von Sponsorenverträgen in einem untrennbaren Sachzusammenhang, bilden beide Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb, so dass auch die Sporttätigkeit von der Steuerpflicht erfasst wird.

2.
Liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb als Sportler vor, stellen finanzielle Unterstützungsmaßnahmen der Sportförderung aufgrund des weiten Verständnisses des Veranlassungsbegriffs Betriebseinnahmen dar.

Anmerkung (Dr. Thomas Himmer):

Im konkreten Fall ging es um Zahlungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe (Kader-Förderung sowie Prämien für Platzierungen bei den Olympischen Spielen), die im Hinblick auf besondere Leistungen des Spitzensportlers erbracht wurden. Diese Zahlungen sind nach dem BFH dem Geschäftsbetrieb des Sportlers als betrieblich veranlasste Einnahmen zuzurechnen, da sie im Hinblick auf besondere sportliche Leistungen des Sportlers erbracht worden waren.

III. Keine marken- oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüche des Fußballmagazins Kicker gegen Verkauf einer „Torjägerkanone“

OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.2022, Az. 3 U 2576/22

1.
Die Bezeichnung „Torjägerkanone“ für ein Fußballpokal in Form einer mittelalterlichen Kanone ist zulässig und verletzt keine Markenrechte des Fußballmagazins Kicker, das Rechteinhaber der Wortmarken „Torjägerkanone“ und „kicker Torjägerkanone“ ist.

2.
Bei der Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise der angegriffenen Zeichenverwendung eine herkunftshinweisende Funktion beimessen, kann auch der sich grundlegend von dem streitgegenständlichen Verkaufsangebot unterscheidende Marktauftritt des Markeninhabers eine Rolle spielen, wenn die dabei zu Tage tretenden Unterschiede den Eindruck verstärken, dass die auf der beanstandeten Website angebotenen Produkte nicht vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

IV. Verbreitung von Fußball-Sammelbilder (nicht rechtskräftig)

Urteil des OLG Frankfurt vom 30.11.2022, Az. 16 W 52/22

Das Oberlandesgericht hat entschieden, ob die Einwilligung als Berufsfußballspielers im Rahmen des mit einem englischen Fußballverein geschlossenen Vertrages, sein Bildnis u.a. auf Fußball-Tausch- und Sammelkarten zu veröffentlichen, auch die Verbreitung seiner Bilder als Nationalspieler umfasst, ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln.

Das Oberlandesgericht Frankfurt konnte dem Vertrag keine Beschränkung auf Bilder als Clubspieler entnehmen. Der Vertrieb der Karten ist daher nach Auffassung des OLG Frankfurt nicht rechtswidrig.

Die Antragsgegnerin vertreibt Fußball-Tausch- und Sammelkarten mit Bildnissen u.a. des Antragstellers in einem schwarzen Trikot nebst Spielnummer und im Hintergrund die Farben der deutschen Nationalflagge, nicht aber das DFB-Logo.

Der Antragsteller war der Auffassung, dass das Verbreiten seiner Bilder als Nationalspieler erfolge ohne seine Einwilligung. Er habe nun gegen das Verwenden der Bilder, die ihn als Clubspieler zeigten, eingewilligt.

Das Landgericht hatte den auf Unterlassung gerichteten Eilantrag zurückgewiesen. Hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt keinen Erfolg.

Es empfiehlt sich daher in die entsprechenden Vereinbarungen ausdrücklich mit aufzunehmen, dass keinerlei Nutzungsrechte und/oder Persönlichkeitsrechte zu Gunsten des Vertriebs solcher Sammelbilder die Eigenschaften des Spielers als Nationalspieler eingeräumt werden. Insbesondere sollte erwähnt werden, dass der Spieler in keinem Zusammenhang dargestellt werden darf, welche direkt oder indirekt auf seine Eigenschaft als Nationalspieler abzielen.

V. Die Werbung für eine "Tribute-Show" darf nicht den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass das prominente Original die Show unterstützt oder sogar an ihr mitwirkt

BGH-Urteil vom 24.02.2022 – I Z 2/21

Die unter dem Künstlernamen Tina Turner auftretende Klägerin ist eine weltberühmte Sängerin. Die Beklagte ist die Produzentin einer Show, in der die Sängerin F. auftritt und die größten Hits der Klägerin präsentiert. Die Beklagte warb mit Plakaten, auf denen F. abgebildet und die Show mit den Worten "SIMPLY THE BEST - DIE tina turner STORY" angekündigt wird. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Betrachter aufgrund der Ähnlichkeit zwischen F. und ihr sowie des genannten Texts davon ausgehe, sie selbst sei auf den Plakaten abgebildet und an der Show beteiligt. Die Klägerin hatte weder in die Verwendung ihres Bildnisses noch ihres Namens eingewilligt und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stünden keine Unterlassungsansprüche zu.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Anmerkung: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.:

In Anlehnung an die Entscheidung „BGH GRUR 200, 715 Blauer Engel hat der BGH bestätigt, dass eine Person durch eine andere Person – beispielsweise einen Schauspieler – dargestellt wird, ein Eingriff in das Recht auf eigene Bild vorliegt, wenn aus Sicht eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Publikums der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann sich die Beklagte allerdings auf die Ausnahmen der §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 4 berufen. Die Werbung für eine Show, in der Lieder einer prominenten Sängerin von einer ihr täuschend ähnlich sehenden Darstellerin nachgesungen werden, mit einem Bildnis der Darstellerin, das den täuschend echten Eindruck erweckt, es handele sich um die prominente Sängerin selbst, grundsätzlich von der Kunstfreiheit gedeckt. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff in den vermögenswerten Bestandteil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. des prominenten Originals ist mit der Werbung für eine solche Tribute-Show allerdings dann verbunden, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das Prominente Original unterstütze sie oder wirke sogar an ihr mit.

VI. Keine Prüfpflichten bei wahrheitswidriger Leugnung eines Behandlungsverhältnisses

OLG Saarbrücken, Urteil vom 9.9.2022 – 5 U 117/21, GRUR-RS 2022, 25548 – Kieferchirurgie

1. Die auf bewusst falschen Tatsachenvortrag (hier: wahrheitswidrige Leugnung eines Behandlungsverhältnisses) gestützte Beanstandung einer Internetbewertung gegenüber einem Hostprovider löst keine Prüfpflichten des Hostproviders aus.

2. Ein Hostprovider ist im Rahmen der Prüfung, ob eine auf seinem Internetportal veröffentlichte Bewertung eines Arztes rechtswidrig ist, nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären, wenn ihm unterschiedliche Schilderungen des Arztes und des Patienten über den Verlauf des Behandlungstermins vorliegen und keine objektiven Anhaltspunkte für die Richtigkeit der einen oder der anderen Schilderung sprechen (Leitsätze des Gerichts).

Anmerkung: Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.:

Der Kläger ist als Fachzahnarzt für Oralchirurgie in eigener Praxis tätig. Die Beklagte bietet den Internetdienst „Local Reviews“ an, bei dem registrierte Nutzer der Beklagten die Möglichkeit haben, Arztpraxen und sonstige Einrichtungen zu bewerten. Der Kläger verlangt, die Beklagte solle die Verbreitung einer Bewertung unterlassen. Im Dezember 2020 stellte die bei der Beklagten registrierte Nutzerin „C. B.“ im Local Listing eine negative Bewertung über den Kläger ein. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers beanstandeten diese Bewertung und gaben an, es gebe dazu „nach Prüfung der Kundenvorgänge keinen korrelierenden Kundenvorgang“. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Das OLG Saarbrücken hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nach Auffassung des OLG Saarbrücken stehe dem Kläger kein Unterlassungsanspruch aus § 823 I iVm § 1004 I BGB gegen die Beklagte als mittelbare Störerin zu. Ein Hostprovider, sei  als mittelbarer Störer verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlange. Weise ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Dienstes des Hostproviders hin, könne der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze habe die Beklagte ihre Prüfpflichten erfüllt. Auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers habe die Beklagte eine Prüfung eingeleitet, ob die streitgegenständliche Bewertung rechtswidrig sei , und die Verfasserin der Bewertung um eine Stellungnahme gebeten. Zu diesem Vorgehen wäre die Beklagte objektiv nicht einmal verpflichtet gewesen. Denn in der Beanstandung - wie auch nachfolgend in den E-Mails wurde wahrheitswidrig vom Kläger behauptet, dem Kläger sei der Verfasser der Bewertung nicht bekannt, womit bei der Beklagten - bewusst -der falsche Eindruck erweckt wurde, es bestehe überhaupt kein Patientenverhältnis der Nutzerin zum Kläger.  Beanstandungen gegenüber einem Hostprovider, die auf (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, könne keine Prüfungspflichten des Hostproviders auslösen, weil falsche tatsächliche Behauptungen objektiv ungeeignet seien, die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Bewertung zu begründen.

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